9. März

Im Nordosten stellt sich häufiger die Frage: Wer von den beiden ist eigentlich intelligenter?

Im Nordosten stellt sich häufiger die Frage: Wer von den beiden ist eigentlich intelligenter?

Der Handy-Wecker klingelte viel zu früh. Erst wollte ich ihn gar nicht wahrnehmen und versuchte, das nervige Klingeln irgendwie in meinen Traum einzubauen. Das wollte jedoch nicht so recht klappen, also blinzelte ich ihn mit verschlafenem Blick an: 4.30 Uhr. Ich drückte die „Weckruf-aus“-Taste. Das war doch keine Zeit – erst vor drei Stunden waren wir ins Bett gegangen, nachdem das Packen für den Nordosten irgendwie doch mehr Zeit in Anspruch genommen hatte als geplant war.

Es half alles nichts, um 07.00 Uhr würde unser Flug abfliegen, und zum Guarulhos-Flughafen war es eine gute Dreiviertelstunde. Also quälten wir uns aus den Federn, nahmen unsere Sachen und begannen unsere Brasilien-Erkundung per TAM-Airpass reichlich müde. Auf der Fahrt zum Flughafen bemerkte ich, dass ich Sao Paulo noch niemals so leer erlebt hatte. Wo sich sonst Autoschlangen reihten, befanden sich zu diesem Zeitpunkt höchstens einige räudige Hunde.

Der Flug verlief trotz aller Bedenken meinerseits bezüglich der TAM äußerst ruhig und kurzweilig. Vielleicht werde ich es in Zukunft vermeiden, Wikipedia-Artikel über Fluggesellschaften zu lesen, bevor ich sie nutze. Ansonsten macht man sich nur zu viele Gedanken, welche Außentür vom Flugzeug wohl diesmal abfallen könnte. Das Landschaftsbild unter uns veränderte sich zunehmend, je näher wir Natal kam und als wir zur Landung ansetzten, war weit und breit kein einziger Hügel mehr zu sehen. Dafür viel Sand, häufig mit spärlicher Bepflanzung, jedoch größtenteils wüstenähnlich anmutende Areale.

Den Menschen im Nordosten wird nachgesagt, alles etwas… gemächlicher angehen zu lassen. Um nicht zu sagen: Es sind echte Portugiesen. Wir hatten uns bereits im Voraus erkundigt, dass der Bus vom Flughafen zum 20 Kilometer entfernten Hotel etwa den halben Tag benötigen würde. Daher nahmen wir lieber ein Taxi, welches in Brasilien noch halbwegs bezahlbar ist. Der Taxifahrer war allerdings ein echter „Bahiano“ (in Deutschland würde man vermutlich „Trottel“ sagen). Er glaubte wohl, Autofahren allein sei eine Unterforderung und würde dadurch interessanter, dass er nebenbei Supermarkt-Prospekte liest. Vielleicht wollte er uns mit seiner Multitasking-Fähigkeit imponieren, doch er schaffte es nicht, denn das Herumgegurke, was dabei herauskam, ist keiner Erwähnung würdig.

Dennoch erreichten wir das Hotel in einem Stück. Es stand in direkter Nachbarschaft zu einer riesigen Bauruine. Immerhin schien es im Gegensatz zu seinem Nachbar noch bewohnt zu sein. Das war’s dann aber auch fürs Erste mit den positiven Eigenschaften, denn ansonsten wirkte die „Vila do Mar“, als lägen ihre besten Zeiten einige Jahrzehnte in der Vergangenheit. Auf unserer Erkundungstour trafen wir auf einen riesigen, mit Matratzen und Bauschutt gefüllten Raum, der wohl irgendwann einmal eine Funktion hatte. Auch die Poolbar machte mit ihren leicht vergilbten Plastikstühlen und einer ständig dröhnenden Bumm-Bumm-Mucke nicht viel her. Blieb noch der Strand. Doch auch hier eine Entäuschung: Durch seinen öffentlichen Charakter und aufgrund des fehlenden Umweltbewusstseins einiger Brasilianer sahen einige Abschnitte der „Praia“ nicht viel besser aus als ein Ballermann nach 18.00 Uhr. Außerdem wehte ein ständiger Wind (um nicht zu sagen: Sturm) und die Wellen waren dementsprechend hoch. Für Surfer ein Paradies, aber für uns Warmbadetag-Schwimmer einfach nur „uärgh“.

Nachdem wir uns alle erdenkliche Mühe gemacht hatten, die negativen Seiten des Hotels festzustellen (irgendwie eine Eigenschaft von Deutschen?!), machten wir uns klar, dass wir nun drei Tage hier verbringen mussten. Da war miese Laune nicht die beste Voraussetzung. Außerdem dachten wir an Deutschland. Wir fröstelten. Unsere Laune besserte sich schlagartig. Schon fingen wir an, viel mehr Schönheit im Hotel zu sehen. Ob der unendliche Swimmingpool (er wirkte, als ob er direkt im Meer münden würde), die ansprechend gestaltete Palmenallee oder die Mülleimer, die von einer freundlich grinsenden Palme gehalten wurden (welche laut Ninas Aussage den Brasilianern ziemlich ähnlich sah. Ich fragte mich eher, was das für ein Hotel sein muss, in dem das am Liebevollsten gestaltete Objekt der Mülleimer ist…): Es ließ sich durchaus aushalten im Hotel, vor allem, wenn man bedenkt, dass man als Student eigentlich Jugendherbergen bewohnen sollte. Dazu kam, dass der Caipirinha nur R$ 3,50 kostete, was beim derzeitigen Kurs etwa 1,20 Euro entspricht.

Dennoch dachten wir uns, dass es vielleicht besser sein könnte, abends außerhalb des Hotels zu dinieren. Also gingen wir in ein Restaurant, dessen Name tatsächlich Programm war: Das „Camaroes“, die portugiesische Bezeichnung für Garnelen, offerierte ausschließlich die Krustentiere in allen erdenklichen Variationen. Praktisch war, dass man für den (deutschen) Preis von einem Gericht so viele Garnelen und Beilagen serviert bekam, dass auch drei Personen davon locker satt geworden wären. Bei uns reichte es allerdings gerade einmal für zwei. Zufrieden rollten wir Richtung Hotel. Dort angekommen, machte sich auch gleich eine wohlige Müdigkeit breit, die uns daran erinnerte, dass wir vielleicht doch etwas zu früh aufgestanden waren. Außerdem mussten wir am nächsten Tag fit sein, um die Dünen Natals aus einer ganz besonderen Perspektive zu erkunden…

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